Holz im Maschinenbau? Geht das überhaupt?

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Schreinerin
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Holz im Maschinenbau? Geht das überhaupt?

Beitragvon Schreinerin » So Apr 23, 2017 1:39 pm

Wir möchten uns in diesem Beitrag, der meist gestellten Frage und den skeptischen Blicken stellen.

Drehen wir dafür eine kleine Runde mit der Zeitmaschine in die Vergangenheit.
Das der Pyramidenbau mit Hebe- und Gerüsteinrichtungen aus Holz bewerkstelligt wurde, geht uns persönlich etwas zu weit.
In jüngerer Vergangenheit finden wir den Einsatz von Holz, im Maschinen und Anlagenbau sowohl bei den Wind und Wassermühlen.
Streng genommen bildet Holz somit die Basis der Industrialisierung.

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Im Folgenden „Kopf an Kopf“ Rennen verlor der Holzwerkstoff jedoch immer mehr an Bedeutung
und moderne Werkstoffe fanden ihren verbreiteten Einsatz.
Gerade das Ruhrgebiet erwarb sich mit seinem Stahlbau einen uneingeschränkten Weltruf.
Diesen werden wir weder anfechten noch dazu konkurrieren wollen.
Wir möchten allerdings unserem geliebten Holz den Rücken stärken.
Denn auch die Holzverarbeitung hat in der Zeit unserer Industrialisierung wahre Meilensteine geschaffen und Bereiche erobert,
in der andere Werkstoffe klare Verlierer bleiben.

Einen dieser Meilensteine möchten wir hier etwas bevorzugen.
Es ist die Furniersperrholzplatte (FU).
Dieser Plattenwerkstoff war die logische Konsequenz aus dem sonst etwas komplizierten Umgang mit Holz in Verbindung mit wechselnder Luftfeuchtigkeit.
In ursprünglicher Verwendung von Massivholz hat wechselnde Luftfeuchtigkeit direkten Einfluss auf die Dicke, Breite und Länge des Rohstoffs.
Das Holz ist hygroskopisch und hat somit ein differentes Quell- und Schwundverhalten.
Um in dieses natürliche Verhalten etwas mehr „Ruhe“ zu bringen, ist aus „Stammware“ eine „Furnierware“ entwickelt worden.
Diese Furniere wurden Kreuzweise zueinander ausgerichtet und verleimt.
Dadurch konnte ein differentes Quell-und Schwundverhalten eingeschränkt werden.

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Es entstanden technische Holzwerkstoffe, die immer berechenbarer wurden.
Addieren wir dem technischen Holzwerkstoff jetzt noch die positiven Grundeigenschaften des Holzes hinzu,
gelangen wir schnell zu dessen Einsatz im Anlagen- und Maschinenbau.

-kostengünstig
-leicht
-montagefreundlich
-wartungsarm
-schwingungs- und geräuschdämpfend
-ökologischer Bonus
(geringes CO2 –Äquivalent, geringer Energiebedarf) bei der Herstellung.

Motiviert durch diese Argumente entstand unser Maschinenbaukonzept.
Das Lastenheft führte folgende Inhalte:
Allgemeine Maschinenbaurichtlinien, Einhaltung der Normen, Berücksichtigung der Emissionen (Schall und Staub), Arbeits- und Betriebssicherheit, Prüfung und Zertifizierung.

Unsere eigenen Anforderungen waren eine
Modulare Bauweise, Verwendung hochwertiger Werkstoffe, Wartungsarmer Betrieb,
Platzsparend und Kostenorientiert.


Basierend auf unseren beruflichen Erfahrungen in der Holzverarbeitung wurden Summen gebildet. Eine geschickte Anordnung der Bauteile und präzise Verbindung untereinander, sollte eine solide Basis für alle mechanischen Bauteile gewährleisten.
Erste Erfahrung dazu sammelten wir mit der „Starter“-Baureihe.
Klassische Holzverbindungen, wie Zapfen und Kreuzüberblattungen in Verbindung mit PUR-Leim und Verschraubungen ergaben einen Baukörper, der etwas an eine Tragfläche im Segelflugzeugbau erinnerte.

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Trotz seines geringen Gewichts bekamen wir eine verwindungssteife und biegefeste Konstruktion,
die adäquate Dimensionen und eine gute Reproduzierbarkeit zuließ.
Die Auswahl der Mechaniken bedurfte einiger Versuche, um den allgemeinen Anforderungen an eine CNC Maschine gerecht zu werden,
stellte sich in der praktischen Anwendung jedoch schnell als vergleichbar heraus.
Das klingt natürlich sehr subjektiv und Papier ist bekanntlich geduldig. Maschinenbau erfordert mathematische Beweisführung.

Dazu stellt die technische Universität Chemnitz momentan eine Studie auf.
Ergebnisse sind veröffentlicht unter

https://www.tu-chemnitz.de/mb/FoerdTech/aew/aew_forschungstransfer.php

Das motivierte uns, Maschinen für den professionellen Einsatz zu entwickeln.
Der Einsatz von Siebdruck- oder Koski-Decor-Platten lässt mit entsprechenden Verbindungsfräsungen Dimensionen zu,
die in der Metallverarbeitung nur unter professionellem Einsatz erstellt werden können und somit viel Geld kosten.

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Weiterhin wird unsere „Profi“-Baureihe an neuralgischen Stellen mit Polymeerbeton verfüllt, um Torsionsfestigkeit zu erreichen.
Damit erfüllen wir die gestellten Anforderungen an Präzision, Dynamik
und Laufruhe.

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Ein Nachteil von Holz im Maschinenbau bleibt jedoch bestehen.
Die Kühlung der Werkstücke in der Bearbeitung sollte nicht mit Flüssigkühlmitteln erfolgen. In der Holz- oder Kunststoffbearbeitung
kommt das allerdings auch selten vor.

Als vorläufiges Fazit stellen wir den technischen Holzwerkstoffen im Anlagen und Maschinenbau ein gutes Zeugnis aus und erwarten gespannt greifbare Berechnungsgrundlagen der TU Chemnitz, um auch den letzten Skeptiker zu überzeugen.

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Getreu dem Motto „Holz ist wunderbar“ werden wir unserem geliebten Werkstoff noch einige Aufgaben stellen,
mit denen er sich weiterhin beweisen soll.

Habt ihr Fragen oder Anregungen für neue Themen?
Schreibt uns eine E-Mail an >>>info@schreinerei-bessler.de

Eure Holzfräser

http://www.cnc-holzfraese.de

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